31. Juli 2024

Ausgelatscht

Manches, was mir mal wichtig und wertvoll war, brauche ich nach einer gewissen Zeit nicht mehr. Und jetzt?

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Wer diesen Sportschuh getragen hat, weiß ich nicht. Wo sich der dazu passende linke befindet, kann ich ebenfalls nicht sagen. Wie viele Kilometer er im Lauf seines Daseins auf welchen Wegen auch immer zurückgelegt hat, entzieht sich meiner Kenntnis. Warum dieser Turnschuh in der Landschaft herumliegt, ist mir nicht bekannt. Hätte er nicht in einem Mülleimer landen können, wenn jene nichts mehr damit anzufangen wissen, denen er gehört hatte?

Was heute wertlos oder verbraucht ist, hatte neu und unbenutzt seinen Wert. Es ist erstaunlich, wofür Menschen bereit sind, sich einzusetzen und sich zu engagieren. Obwohl das anstrengend ist für sie. Sie Kraft, Geld und Zeit kostet. Dabei geht es nicht allein um den Kauf zweier Sneaker. Nicht Materielles allein steht dabei im Vordergrund. Um mit einer sportlichen Figur glänzen zu können, gehen die einen regelmäßig ins Fitnesscenter. Andere verzichten bewusst auf Schokolade, auf Chips, auf Fleisch oder auf Speisen dieses „etwas anderen“ Restaurants. Weil sie fit bleiben (oder werden?) und sich gesund ernähren wollen.

Wieder andere nehmen sich vor, etwas Bestimmtes in entsprechender Zeit zu erreichen. Sie setzen sich ein Ziel, das sie erreichen wollen, koste es, was es wolle. Dafür setzen sie sich ein und strengen sie sich an. Auch, wenn anders deshalb auf der Strecke bleibt und nicht so zum Tragen kommt, wie sie es sich eigentlich wünschen würden.

Ich frage mich: Wofür nehme ich mir Zeit? Was mache ich, um an ein gesetztes Ziel zu erreichen?

Dass von nichts nichts kommen kann, ist eine Binsenweisheit. Wenig überraschend. Wenn ich wo auch immer Erfolg haben und ein für mich lohnenswertes Ziel möchte, auf das ich hinarbeite, muss ich mich darum bemühen. William Shakespeare formulierte es in „König Lear“ so: „Nothing can come of nothing.” Ob ich es – sehr frei übersetzt - wiedergeben kann mit „Ohne Fleiß kein Preis“? Durch Anstrengung und Arbeit komme ich dahin, wo ich hinmöchte. Nicht nur am oder erst zu Beginn eines neuen Schuljahres.

Nach der unterrichtsfreien Zeit, den Ferien oder dem Urlaub wieder durchzustarten, Neues und Unbekanntes in den Blick zu nehmen, lernen oder lehren zu müssen, ist und bleibt eine Herausforderung. Mich wieder anzustrengen, um etwas erreichen zu können, will nicht nur gesagt, sondern auch in die Wirklichkeit umgesetzt werden. Schülerinnen und Schülern jeglicher Altersgruppe und aller Klassenstufen geht es so. Für all jene, die sie unterrichten, ist es ähnlich. Für Mütter oder Väter. Für alle, die einem Beruf nachgehen und wo auch immer arbeiten und tätig sind.

Nicht alles kann ich. Nicht überall und zu jeder Zeit stehe ich vorn als Sieger oder als Gewinnerin auf dem ersten Platz vor allen anderen. Manches an Erfolgen bleibt mir trotz aller Anstrengung versagt. Obwohl ich mich darum bemüht und dafür eingesetzt hatte. Manchmal reicht es nicht. Vieles bedarf der steten Übung, des mehrmaligen Wiederholens. So lange oder so oft, bis ich es verstanden habe oder es kann. Manches muss ich mir immer wieder neu einprägen. Eine gewisse Disziplin dazu ist unverzichtbar. Noch etwas anderes ebenfalls. Wenn es gelingen soll. Worum es hierbei geht?

Lernen und Lehren ist mühsam. Tag für Tag. Freude daran habe ich nicht immer und jederzeit. Darf ich mir denn nicht auch bei meinen Pflichten etwas suchen, was mich glücklich macht? Ja, es gibt ein Leben nach der Schule! Nach meiner Arbeit! Damit die Freude an meinem Tun nicht zu kurz kommt. Wenn ich merke, dass sich mein Einsatz gelohnt hat, macht mich das glücklich. Dass die dafür aufgewendete Zeit nicht vergeblich war, ist schön. Dass ich mich darüber freue, einen Sinnzusammenhang in dem gefunden zu haben, was ich vorher so noch nicht verstanden oder begriffen habe. Aus welchem Grund auch immer.

Vielleicht kann dieser ausgelatschte Turnschuh, der offensichtlich nicht mehr gebraucht wird, mir etwas deutlich machen: Alles hat seine Zeit. Lern-, Arbeits- und Freizeit. Doch es ist nie zu spät, wieder anzufangen. Auch mit dem Lernen und dem Unterrichten in der St. Mauritius-Sekundarschule. Wieder durchzustarten. Im Schuljahr 2024/ 25. Schritt für Schritt. Vielleicht sogar mit einem nagelneuen Paar Schuhe.

Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger