Die „Mottowoche“ findet nicht nur am Ende der 10. Klasse in der St. Mauritius Sekundarschule statt– in einer Lerngruppe gibt es das seitens der Klassenlehrerin alle sieben Tage neu und anders als zuvor. Als Hingucker neben der Tür zum Klassenraum, als Denkanstoß, als Motivation.
Gerade für Schülerinnen und Schüler – und nicht nur für sie – ist es wichtig, zu sich selbst „Ja“ zu sagen. Sogar, wenn und weil ich nicht überall immer der oder die Beste sein kann. Nicht nur in der Zeit des Erwachsenwerdens ist vieles im Wandel, ändert und verändert sich. Mich jeden Tag neu so anzunehmen, wie ich bin – oder wie mich mein Schöpfer gedacht und gemacht hat –, ist nicht nur für Mädchen und Jungen in der SMS ein Erlebnis. Sondern auch für ihre Mütter und Väter, ihre Geschwister und für jene, die sie unterrichten und denen sie begegnen. Manchmal braucht es Motivation, etwas anzugehen, was nicht nur in der Schule herausfordernd ist für mich.
Lernende sind und bleiben wir unser ganzes Leben lang. Ich frage mich: Lasse ich mich von meinen Misserfolgen und Pleiten entmutigen, mit denen ich immer wieder konfrontiert werde? Oder sind sie für mich Ansporn, es noch einmal zu versuchen? Nicht im übertragenen Sinn „den Kopf in den Sand zu stecken“, weil es ja „eh nichts wird“. Im Gegenteil. Wer oder was hindert mich, manches erneut zu probieren? Oder es aus einer neuen Perspektive anzuschauen. Nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen? Kein Meister – und keine Meisterin – ist bislang vom Himmel gefallen. Vieles ist mühselig und harte Arbeit. Es hat mit Übung und „Am-Ball bleiben“ zu tun. Innerhalb und außerhalb der Schule. Nicht nur beim Sport ist fortwährendes Training oft der Schlüssel zum Erfolg. Alle unsere Schülerinnen und Schüler aus den unterschiedlichen Klassen in jedem Jahrgang sind ein Erlebnis – die Kleinen, die Mittleren und die Großen. Weil sie manchmal mehr können als sie sich und andere es ihnen zutrauen.
Nicht nur für mich ist es eine Freude, Entwicklungen beobachten zu können und manche dabei eine Weile lang begleiten zu dürfen. „Jeder von uns ist ein Original. Wir alle haben unsere individuellen Talente und Fähigkeiten, die die Welt bereichern können.“ Oprah Winfrey werden diese Sätze zugeschrieben. Manche Details aus der Lebensgeschichte dieser amerikanischen Talkshow-Moderatorin, Schauspielerin und Unternehmerin sorgen für Erstaunen. Unumstritten ist sie nicht. Ihre Popularität und die Medienmacht ihrer Shows öffneten ihr manche Türen, die anderen verschlossen blieben. Oprah Winfrey, die mittlerweile 70 Jahre alt ist, ließ sie sich nie den Mund verbieten oder sich einreden, dass sie aus welchem Grund auch immer das eine oder andere nicht hinbekommt. Ihre Hautfarbe sah und sieht sie in keiner Weise als Hindernis für ihren Erfolg an. Entschieden trat und tritt sie gegen Rassismus, in welcher Form auch immer, an. Ihr menschenfreundliches Denken und Verhalten äußert sich auch darin, dass sie vor mehr als zwanzig Jahren in Südafrika eine Schule für benachteiligte Mädchen aus verarmten Verhältnissen gründete, die sie mit 40 Millionen Dollar ausstattete.
Jede und jeder von uns ist einzigartig. Nicht nur in der St. Mauritius-Sekundarschule. Originale sind wir – keine Kopien oder ein billiger Abklatsch wovon auch immer. Wir alle haben unsere Stärken und Schwächen. Es gibt Tage, an denen eines das andere überlagert und umgekehrt. Aber jede und jeder kann dort, wo ich lerne, lebe und arbeite, dazu beitragen, dass unsere Welt ein wenig menschlicher wird. Ansprechender, offener und lebenswerter und liebenswerter. Wenn ich meine Talente und Fähigkeiten teile mit denen, die die ihren haben und einbringen. Immer noch und immer wieder. In unterschiedlicher Weise und an verschiedensten Orten und bei vielfachen Gelegenheiten. Das ist nicht nur einen Versuch wert.
Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger