Die monatelange Suche danach kam kürzlich zu einem guten Ende. Denn seit dem 20. März wohnt es in einem der Aquarien in der St. Mauritius-Sekundarschule: Ein Exemplar von „Ambystoma mexicanum“ aus der Familie der Querzahnmolche. Ein etwa vier Jahre altes, rosafarbenes Axolotlweibchen.
Dass Schönheit im Auge des Betrachters oder der Betrachterin liegt, ist nicht neu. Was der einen gefällt, damit tut sich der andere möglicherweise schwer. Fische haben wir schon in ihren unterschiedlichen Behausungen. Sie reden und widersprechen nicht. Bei Menschen in den Klassen- und Lehrerzimmern und im Sekretariat ist das ganz anders. Nicht nur in der St. Mauritius- Sekundarschule. Dort begegnen sie sich Tag für Tag immer wieder: Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Ausgesucht haben sie einander nicht. Ob drei nicht zu unterschätzende Begriffe weiterführend sein können?
Respekt, Akzeptanz und Toleranz. Schlagworte, die es in sich haben. Sie im Schulalltag immer wieder in Wort und Tat umzusetzen, ist Gabe und Aufgabe zugleich. Oft viel leichter gesagt als getan.
Respekt bedeutet, dass ich mein Gegenüber wertschätze. Leicht fällt mir das bei denen, die ich mag. Bei denen, die ich nicht ausstehen kann, ist das eine Herausforderung. Für sie und für mich. Damit ein gutes Miteinander und kein Gegeneinander herauskommen, ist Respekt vor dem Sosein der oder des anderen grundlegend. Der Axolotl konnte sich seine Gestalt nicht aussuchen.
Akzeptanz meint, dass ich annehme, was ist, wie es ist. Manches kann ich ändern, anderes nicht. Manches passt mir nicht. Stört mich. Ärgert mich. Regt mich auf. Nicht immer, wie ich sie mir wünschen würde oder wie ich sie gern hätte, ist die Wirklichkeit. In einer Schule und anderswo. Mein Gegenüber kann ich nicht verändern. Meine Einstellung zu ihr oder ihm schon. Ich brauche niemandem nach dem Mund zu reden. Nur, um ihr oder ihm gefallen zu können. Aber Höflichkeit und Freundlichkeit sind sogar dort nicht fehl am Platz, wo Sympathie nicht in jedem Fall gegeben ist. Andere müssen mich ebenfalls so nehmen, wie ich bin. Ich bin ich. Nicht anders. Meine Stimmung und meine Lust, das anzugehen, was von mir erwartet wird, sind nicht jeden Tag im Spitzenbereich. Sondern so unterschiedlich, wie ich es bin. Auch in der Tierwelt gibt es viel Überraschendes, Unerwartetes, auf seine oder ihre Weise Einmaliges und Einzigartiges. Ein Axolotl gehört dazu.
Toleranz heißt, dass andere anders sein dürfen als ich. Manche finden „unser“ Axolotlweibchen liebenswert, weil es so aussieht, wie es sich darstellt. Für andere ist es nicht attraktiv. Entspricht nicht dem Schönheitsideal, das sie von einem Lebewesen haben. Fakt ist: Auch ich bin nicht Maß aller Dinge oder stets der Mittelpunkt. Nicht alles dreht sich allein um mich. Wenn andere nur an sich denken, bedeutet das nicht, dass ich meine Augen vor denen verschließe, denen ich helfen könnte, wenn sie Unterstützung brauchen. Ich brauche nicht alles ohne Wenn und Aber zu tolerieren. Unfertiges und Unvollkommenes darf ich weiterentwickeln. Ergänzen. Verbessern. Vollenden. Allein oder mit anderen.
Respekt, Akzeptanz und Toleranz lassen sich zusammenfassen in dem, was auch Jesus wichtig war. Davon berichtet uns die Bibel im Matthäusevangelium bei Mt. 7, 12: „Alles, was ihr wollt, das euch die Menschen tun, das tut auch ihnen.“ Es ist nie zu spät, damit anzufangen. Respektvoll zu sein, Neues und Altes zu akzeptieren oder zu tolerieren.
Für mich ist das „neue Schultier“ Resultat des großen Engagements von Schülerinnen und Schülern aus unseren 7. Klassen. Monatelang haben sie mit Unterstützung eines ihrer Lehrer darauf hingearbeitet, dass es möglich wird, dieses besondere Amphibium in der St. Mauritius-Sekundarschule erleben zu können.
Br. Clemens Wagner ofm, Schulseelsorger